September 2004

Das Frontispiz eines Künstlerbuches lädt zur Ausstellung ein. Es erscheint bereits vielsagend farbig und mehrschichtig. Die Titelseite weckt Neugierde und animiert zur Öffnung des dreidimensional wiedergegebenen Buches mit seinen dickwandigen Seiten, die uns in die Geheimnisse der Künstlerwelt einzuführen und einiges preiszugeben scheinen. Illustration und Text erzählen Geschichten aus dem Leben Birgitt Verbeeks. Ihre Werke entstehen in Reminiszenz ihrer Erfahrungen, Erinnerungen, Eindrücke; Gefühltes, Gedachtes, Gesehenes aus ganz persönlicher Perspektive verbildlicht.

Jedes Jahr stellt sich Birgitt Verbeek ein Thema, das sie bearbeitet. Sie stellt hierbei fest, dass sich die Themen gegenseitig bedingen und sich wie ein Leit- faden durch ihr Oeuvre ziehen. So dokumentiert sich ihr Arbeitsprozess in Serien und Zyklen, die sich ergänzen. Dies geschieht in den Gattungen Malerei, Bildhauerei (Bronzearbeiten) und Objektkunst (Bücher).

Das diesjährige Motto deckt sich mit dem Ausstellungstitel: „Welche Farbe hat das Leben?“ Wohl die Wenigsten haben sich schon einmal bewusst diese Frage gestellt, geschweige denn beantwortet. (Wir sagen schon mal, das Leben ist grau oder kunterbunt). Bei Birgitt Verbeek konstatieren wir primär die Farbe „Rot“, mit all ihren Schattierungen bis hin zu Orange; dies jedoch nicht im Sinne von Aggression oder gar Provokation, sondern vielmehr als Identifizierung mit Wärme und Harmonie. Birgitt Verbeek bekennt sich zum psychologischen Wert der Farbe. Widrigkeiten und Mühsal werden hierbei nicht ausgeklammert. „Kennt man die Dunkelheit, weiß man das Licht und die Farben zu schätzen“ lautet ein Schlüsselsatz von Birgitt Verbeek.

Trotz aller Dominanz der warmen Rottöne erkennen wir vielstrukturierte Farbschichten im Bildgrund, auf denen Zeichen und Kratzer Spuren des Lebens hinterlassen. Lichtgestalten setzen ferner auf Energie und Kraftfelder. Begegnung und Miteinander spielen eine thematische Rolle, wobei sich die Figuren, zuweilen auch gesichtslos, wie feste Säulen oder Stelen auf dem Bildträger verewigen. Sie scheinen jeder Situation zu trotzen. Sie stehen fest im Leben und beweisen Rückgrat. Manchmal scheinen sie ein starke Zusammengehörigkeit zu haben, dann, wenn sie isokephalisch aneinandergereiht sind, d.h. die gleiche Kopfhöhe besitzen. Vielfach treffen wir auf das Motiv der Leiter, deren Sprossen erklommen werden müssen.
Die Bronzeköpfe „Vergangenheit“, „Gegenwart“ und „Zukunft“ symbolisieren den ewigen Kreislauf des Lebens. Ihnen haftet fast etwas Archaisches an und sie gehen durch ihre Befestigung auf hohen Holzsäulen eine Korrespondenz mit den Bildfiguren ein.

Drei weitere Bronzearbeiten im Teehaus stehen im Kontext des Daseins. Aller Anfang des Lebens ist die Geburt. Den kleinen Menschen beschützt die Hand der Mutter. Leben entsteht durch Weiblichkeit. Demut, im Kontext von Ehrfurcht, Versenkung und Hingabe, verkörpert eine weitere frauliche Bronzefigur in analoger Haltung.

Wenden wir uns den eingangs bereits erwähnten „Studienbüchern“ zu. So vielseitig wie das Leben ist, so entwickelt sich auch auf jeder Seite eine differenziert, strukturierte Fläche, u.a. hervorgerufen durch die Collage-Technik. Die Collage hat Birgitt Verbeek schon immer fasziniert. Sie erzeugt durch gepresste, geklebte, geknitterte sowie gerollte Papiere haptische (erfassbare) Strukturen. Jedes Buch verbindet sich mit persönlichen Erfahrungen und Geschehnissen, positiver wie belastender Art, aber nie klagend, eher voller Optimismus. Die Bücher erscheinen wie gestaltete Auszüge aus einer Autobiographie.